Im Mai 2006 berichtete Doccheck.de über uns:

16.05.2006

Arzt unterm Hammer

Die ebay-Welle hat als ganz eigene Variante das deutsche Gesundheitswesen erfasst: im Internet können Ärzte auf Anfrage des Patienten ihren Kostenplan einstellen - wer seine medizinischen Leistungen am günstigsten anbietet, gewinnt. Trotz zufriedener Ärzte und Patienten droht das juristische Aus.

Was auf ersten Blick wie der gelungene PR-Gag gewiefter Marketingstrategen aussieht, entpuppt sich bei näherem Betrachten als kleine Revolution. Denn erstmals bietet ein Online-Portal Patienten die Möglichkeit, medizinische Leistungen nach ökonomischen Gesichtspunkten zu ersteigern. Für Ärzte erweist sich das Modell ebenfalls als wirtschaftlich sinnvolle Ergänzung zum Tagesgeschäft - in Zeiten sinkender Praxis-Realeinkommen bieten die Auktionen eine Chance, zusätzliche Klientel zu gewinnen und, im Falle guter Arbeit, langfristig zu behalten.

Einfach, aber genial

Das Prinzip der Auktionsplattform www.arzt-preisvergleich.de ist simpel. Nach der einmaligen, kostenlosen Registrierung kann der Patient sein Leistungsgesuch oder einen bereits vorhandenen Heil- und Kostenplan eingeben. Ärzte, die sich zuvor bei Arzt-Preisvergleich eingetragen haben, dürfen nun aus den Weiten des WWW heraus bieten: sie geben an, wie viel die gerade angeforderte Behandlung bei ihnen kosten würde. Nun kann der Patient verfolgen, was die Ärztegemeinschaft zu bieten hat. Die fünf preiswertesten Angebote schließlich erscheinen auf dem Monitor. Sie sind nach Preis, Entfernung zum Wohnsitz und dem Profil des Arztes aufgelistet.

Doch im Vergleich zu richtigen Auktionen gewinnt hier, wer die meiste Ersparnis für den Patienten liefert. Bis zu 40 Prozent und mehr lassen sich nach Angaben der Portal-Betreiber auf diese Weise einsparen. Hat der Patient die Leistung des Arztes gebucht, ist die Sache noch lange nicht beendet. Erst wenn es zum Beratungsgespräch zwischen Arzt und Patienten kommt, und sich dieser bei seinem neuen Arzt wirklich gut aufgehoben fühlt, ist der Deal perfekt. Auf diese Weise unterscheidet sich das Modell wohltuend von den reinen Online-Auktionshäusern - ohne persönliches Gespräch zwischen Arzt und Patient läuft bei Arzt-Preisvergleich schon aus juristischen Gründen nichts, denn medizinische Beratungen via Internet sind in der Bundesrepublik nach wie vor verboten. Wer sich jedoch als Arzt für die Behandlung des neuen Patienten entscheidet, muss sich an die Regeln halten. Und die sind durchaus hart - aber fair für beide Seiten.

Strenge Regeln schützen vor Pfusch

Damit beispielsweise die angebotenen Discount-Preise nicht zum Therapie-Desaster für den Patienten mutieren, stimmen die teilnehmenden Doktoren auch folgender Finesse zu: nach der Behandlung gibt der Patient seine Bewertung ins Online-System ein. Wer als Arzt - über die Auktion - für deutlich weniger Geld als seine Mitbewerber dennoch eine qualitativ hochwertige Arbeit leistet, avanciert auf diese Weise schnell zum Patienten-Magnet. Wer indes pfuscht, um über Umwege doch noch zu sparen, wird von der Community durch Negativbewertungen hart bestraft. Dass teilnehmende Ärzte ihr Handwerk bestens beherrschen sollten, versteht sich angesichts eines weiteren Qualitätsmerkmals der Auktionsplattform nahezu von selbst. Bis zu drei Jahren nach der erfolgten Behandlung dürfen Patienten ihre bereits abgegebene Bewertung ändern - etwa dann, wenn die eingesetzte Krone nicht hält, oder die Leistung im Nachhinein Mängel aufweist.

Immerhin: Während sich der Rest der Republik in Streiks und endlosen Debatten zwischen Politik, Ärzten und Patienten verliert, finden Ärzte und Patienten im zugegeben harten, aber fairen System des einzigartigen Portals das, was alle glücklich stellt: gute medizinische Leistungen zu akzeptablen Preisen. Mittlerweile wollen die ersten Krankenkassen auf das Portal zugreifen, um die Flucht ihrer Patienten ins Ausland zu verhindern. Bezahlbare medizinische Leistungen anzubieten, so das Fazit eines Besuches bei Arzt-Preisvergleich, kann auch in Deutschland funktionieren.

Doch das ökonomisch sinnvolle Konzept von Angebot und Nachfrage in der Medizin stößt ausgerechnet da auf Widerstand, wo man ihn am wenigsten vermuten würde. Die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) steht dem Konzept nicht nur skeptisch gegenüber. Die BLÄK befürchtet auch den unlauteren Wettbewerb zwischen Ärzten - diese dürften sich schließlich nicht gegenseitig unterbieten. Nun soll auf Veranlassung der BLÄK die Wettbewerbszentrale Klarheit schaffen - bis es dazu kommt, darf weiter geboten werden.